
Montag, 4. Oktober
Schönster Altweibersommer. Noch einmal Menschen in T-Shirt und Sandalen in den Straßencafés und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Stadt. Dann um 10:47 Uhr kommt plötzlich der Befehl von ALDI-Geschäftsführer Erich B.:"5 Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich." Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert HERTIE-Geschäftsführer Franz B. eher halbherzig mit einem erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an den Kassen.
15:07 Uhr
EDEKA-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.
16:02 Uhr
Die Filialen PENNY und TENGELMANN bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht gegenhalten und fordern ein "Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum
7. Oktober". Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.
Dienstag, 5. Oktober
7:30 Uhr
Im Eingangsbereich von KARSTADT bezieht überraschend ein Esel mit Rentierschlitten Stellung, während zwei Weihnachtsmänner von studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder zu ihren Weihnachtswünschen verhören. Zugleich erstrahlt die Kaufhausfassade in gleißendem Schein von 260.000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur ohnmächtig zuschauen. Immerhin haben SPAR, REWE und NEUKAUF den Ernst der Lage erkannt.
Mittwoch, 6. Oktober
9:00 Uhr
EDEKA setzt Krippenfiguren ins Gemüse.
9:02 Uhr
PENNY kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im Tiefkühlregal.
10:05 Uhr
Bei TENGELMANN verirren sich Dutzende Kunden in einem Wald von Weihnachtsbäumen.
12:00 Uhr
Neue Dienstanweisung bei NEUKAUF. An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein "Frohes Fest" gewünscht. Der SPAR-MARKT kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.
Donnerstag, 7. Oktober
7:00 Uhr
KARSTADT schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.
8:00 Uhr
In einer eilig einberufenen Krisenversammlung fordert der aufgebrachte PENNY-Marktleiter Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark "Weihnachten bis zum Äußersten" und verfügt den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD "Weihnachten mit Mireille Mathieu" über Deckenlautsprecher. Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.
Freitag, 8. Oktober
8:15 Uhr
Anwohner der Ladenstraße versuchen mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung die vom SPAR-MARKT angedrohte Offensive "Heiligabend mit den Flippers" zu stoppen.
9:14 Uhr
Ein ALDI-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor "Adveniat", der gerade vor KARSTADT zum großen Weihnachtsoratorium ansetzen wollte.
9:30 Uhr
ALDI dementiert, es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse sondern um Christbaumkugeln gehandelt.
Samstag, 9. Oktober
Die Fronten verhärten sich und die Strategien werden zunehmend aggressiver.
10:37 Uhr
Auf dem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K. und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem TENGELMANN-Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten sind ratlos.
12:00 Uhr
Seit einer guten halben Stunde beschießen KARSTADT, EDEKA und TEN-GELMANN die Fußgängerzone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt Räum- und Streupflicht an. Umsonst!
14:30 Uhr
Teile der Innenstadt sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung der Eingeschlossenen. Es werden immer mehr Menschen gerettet. Menschen wie du und ich, die nur mal in der schönen Herbstsonne bummeln wollten.
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