Es handelte sich um zwei Colt Python, einen Korth Revolver, eine Manurhin M73, eine S&W Mod. 25-3 „ Anniversary 125 Years S&W“, eine Winchester Commemorative „Lengendary Lawman“ und eine FN Mod. HP 35 „High Power“.
Die einzige Waffe, die sich schlecht einzuschätzen ließ, war die FN High Power. Die Seriennummer ließ auf Anhieb erst einmal keine Klarheit über Baujahr und Verwendung zu. Die Bewertung der anderen Waffen ergab aufgrund ihrer exzellenten Zustände einen wirklich beachtlichen Wert.
Zum Dank für meine Arbeit schenkte mein Bekannter mir die FN.
Dass mir diese Waffe noch einiges Kopfzerbrechen bescheren würde ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich beschreibe euch das in Teil 2 meines Testberichtes.
In der Reihe meiner persönlichen Schusstests begleiteten mich diesmal meine Pistole:
- FN Mod. 35 „High Power“, Kaliber 9mmx19
Die Hochleistungspistole von Browning war das letzte FN Model an dem John M. Browning selbst noch aktiv mitgearbeitet hat. 1935 erschien die Waffe auf dem Markt und wurde als Hochleistungspistole (HP = High Power) angekündigt. Sie trug ursprünglich die Bezeichnung FN Model 1935 oder auch Grand Puissance (GP), letztendlich blieb die Abkürzung HP (Bild 1).
Ihre Besonderheit u.a. lag an ihrem 13 Patronen fassenden Magazin. Die Patronen liegen zweireihig im Magazin, was eine normale Magazinlänge zuließ. Es war zu dem Zeitpunkt die beste Pistole im Kaliber 9mm/P auf dem Markt und behauptete sich bis weit ins 20. Jahrhundert.
Ausgestattet mit seiner Magazinsicherung fand sie auch sofort Einzug als Ordonnanzwaffe in unzählige Armeen der Welt. Auch die Wehrmacht griff auf dieses Model zurück.
Die Sicherung des ersten Models mit single action Abzug wirkte in ihrer Funktion allerdings schon etwas gruselig. Man musste einen Haken (welcher eine Doppelfunktion hatte) in eine passende Aussparung des Verschlusses umlegen. Das funktionierte aber nur bei vorgespannten Hahn (ähnlich Colt 1911). Der gesicherte vorgespannte Hahn lies sich aber noch mit dem Abzug auslösen, der Hahn wurde aber ca. 1cm vor dem Schlagbolzen gestoppt. Man konnte den Hahn aus dieser Stellung auch wieder vorspannen. Wenn man den Haken löste schlug er aus der ausgelösten und gestoppten Position ab ohne den Schuss auszulösen (Bild 2).
Die zweite Funktion des Hakens findet sich im Zerlegen der Waffe wieder. Zieht man den Verschluss auf, so kann der Haken verwendet werden, um diesen in hinterster Position zu halten. Nun muss man den Verschlussfanghebel leicht nach oben anheben und kann ihn dann ohne Verschlussspannung aus dem Rahmen herausdrücken, danach den Haken wieder lösen und den Verschluss vom Griffstück schieben. Jetzt die Verschlussfeder entfernen und den Lauf herausnehmen (Bild 3).
Interessant ist die Konstruktion der Verschlussfeder. Das Führungsstück besitzt ein recht massives Kopfteil mit einem geschlossenen Ring. Dieser wird in eine Nut im Verriegelungsteil des Laufes eingeführt. Ist die Verschlussfeder eingebaut erinnert das auch ein wenig an das Colt 1911 Verriegelungssystem, denn der Verschlusshebel wird durch diesen Ring geführt (Bild 4).
Die Beschusszeichen auf dem Lauf sind gut zu erkennen. Sie zeigen die Standardprägungen seiner Zeit. Die Griffschalen sind aus Holz und von innen rot „angemalt“.... (zu diesem Zeitpunkt war mir der Grund dafür noch nicht bekannt (Bild 5)).
Das 13 Patronen fassenden Magazin hat einen Zubringer aus Aluminium. Es lässt sich erstaunlich leicht mit 13 Patronen füllen (Bild 6).
Die technischen Daten der FN HP 35:
Länge : 19,8 cm
Höhe : 13 cm
Breite : 3,7 cm
Gewicht ungeladen : 900gr.
Gewicht geladen (13+1) : 1080gr.
Lauflänge : 12 cm
Magazinkapazität : 13 Patronen 9mm x 19
Visier : Kimme & Korn nicht verstellbar.
Verwendete Munition:
GECO 9mmx19, .355 / 124grn.
Schusstest:
Je 20Schuss Präzision und 20 Sekunden Serie
Entfernung 25mtr. (Bild 7).
Auswertung Model FN HP:
+ Gewicht und Rückschlagenergie sind ausgewogen
- schleppender SA Abzug
+ gut erkennbares Visier
+ Handlage sehr gut
+ Laden des Magazins „reibungslos“
+ Keine Probleme mit der verwendeten Munition
Punktzahl:
5 von 6 Punkte
Persönliches Fazit:
Eine schwergewichtige aber sehr robuste Pistole mit etwas überalterter Technik. Sie liegt sehr gut in der Hand und ist ausgewogen. Der lange Lauf ist für Schüsse auf große Entfernungen gut geeignet. Der etwas schleppende SA Abzug ist gewöhnungsbedürftig beim Präzisionsschuss, er zeigt sich aber beim Schießen unter Zeitbegrenzung nicht als hinderlich. Präzision und Schnellschuss auf jeweils 25mtr. Entfernung sind erstaunlich gut und zeigen die Klasse dieser Waffe (Bild 7).
Ich bin mal wieder begeistert und es macht wirklich Spaß mit der Pistole zu schießen. Natürlich weiß man nie welchen Weg eine so alte Waffe gegangen ist. Normalerweise kann man dieses aber immer recht zufriedenstellend recherchieren, normalerweise.......
Meine Recherchen begannen wie immer über die Waffennummer und die Beschusszeichen. Bei den belgischen Beschusszeichen auf der Waffe ist ein genaues Beschussdatum immer nur mit der Waffennummer und damit i.d.R. der Verwender zu identifizieren. Dann lässt sich aber auch nur die Jahreszahl festlegen, die noch Toleranzbereiche nach oben sowie unten aufweisen kann, die man nicht unbedingt erkennt.
Bei genauerer Betrachtung der Pistole sind mir dabei noch folgende Zeichen / Prägungen aufgefallen (Bild 8).
MEIN Ergebnis:
1.Beschusszeichen (Bild 5):
Das untere Beschusszeichen auf dem Lauf zeigt, dass diese Waffe nach deutschen Beschuss-Standard von 1891 beschossen wurde. Das Zeichen ist heute noch präsent, stellt aber jetzt ausschließlich den Schwarzpulver- Beschuss für Vorderladerwaffen dar. Wann eine Umstellung erfolgte habe ich nicht ergründen können.
Das zweite Beschusszeichen von unten zeigt die Inspektorenmarke von Auguste Jamart. Diese wurde von 1924-1959 verwendet. Erst 1995 wurde es wieder für den Inspektor Fabrice Hanssens aufgenommen und könnte heute noch präsent sein.
Griffschale:
Mir fielen die von innen rot gefärbten Griffschalen auf. Das diente wohl dem Feuchtigkeitsschutz. Der Buchstabe H auf der Oberkante der rechten Griffschale befand sich auf den meisten mit SILESIA gekennzeichneten Waffen.
Die niedrigste SN mit H Markierung die ich fand war die 39736, die höchste war meine eigene. Waffen mit 6 oder mehrstelligen SN besaßen kein H auf der Griffschale.
SILESIA gekennzeichnete Waffen mit 5 stelligen SN und Buchstabe besaßen ebenfalls kein H. Teilweise war hier ein B eingebracht. Alle NICHT SILESIA gekennzeichneten Waffen mit 5 stelliger SN ohne Buchstabe hatte keine Griffschalen-Prägung.
Die jeweiligen Inspektoren-Kennzeichnungen bei den gefundenen Waffen (Buchstabe mit Stern) endeten meist 1969 und wurden zum Teil erst wieder 1974 oder später neu aktiviert. Ab diesen Zeiträumen waren die SN schon 6stellig, meist mit Prä- oder Suffix. Aber zum Teil auch SILESIA markiert, dennoch ohne H, da es sich meist um Kunststoffgriffschalen handelte.
Waffe selbst:
Die Waffennummer ist ohne Buchstaben, also ohne Prä- oder Suffix. Ferner ist sie SILESIA markiert. Das hat es bei den Modellen vor Ende des WK II nicht gegeben.
Der Aufdruck SILESIA am Übergang des Abzugsbügels (rechts oder links) vom Griffrahmenteil bestätigt, dass die Waffe von einem Großhändler / Händler als Importeur aufgekauft und wieder in den Verkauf gebracht wurde. Das begann Anfang 1950.
Die Prägung SILESIA (lat. Schlesien) deutet auf Krüger&Co aus Hannover hin.
MEIN Fazit:
In den 50er Jahren gab es eine Lieferung von FN Pistolen für Polizeidienststellen des Nachkriegsdeutschlands. Ihre Anzahl ist unbekannt. Die Seriennummern sollen sich im Bereich von 20.000 bis 90.000 befinden. Wie viele Pistolen aus diesen SN und in welche Behörde sie geliefert wurden, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Von einigen Behörden existieren noch Listen, von vielen anderen nicht.
Ob ein Anteil oder die gesamte Lieferung der o.a. Seriennummern schon als Import und nicht als Direktlieferung beschafft wurde, ist nicht ganz klar. Der Gesamtanteil ist aber m.E. anzunehmen, denn neben den Lieferungen an deutsche Behörden lieferte z.B. die FA. Krüger&Co auch Waffen an „Rod and Gun“ Clubs, die von den in Deutschland stationierten US-Truppen gegründet wurden.
Unter welchen waffenrechtlichen Voraussetzungen die Waffen in den Rod and Gun Clubs verkauft wurden (WBK, besondere Verträge etc.) konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Aber die Waffen mussten Eigentum der Soldaten/ Clubmitglieder gewesen sein, da (so US-Waffenmarkt) eine nicht unerhebliche Menge an FN Pistolen mit SILESIA Kennzeichnung nach Amerika gekommen sind.
Bezüglich des H auf der Griffschale haben alle von mir gefundenen FN HP's mit 5stelliger SN ohne Buchstaben, die SILESIA gekennzeichnet waren, ein H auf der rechten Griffschale. Zum Teil auch die, die ein K anstelle SILESIA hatten. Alle von mir gefundenen FN HP's mit 5stelliger SN ohne Buchstaben, die nicht SILESIA oder K gekennzeichnet waren, hatten kein H auf der Griffschale.
Letztendlich ist das Ergebnis für mich nicht 100% zufriedenstellend und vielleicht kann man mehr Licht ins Dunkel bringen wenn man Zeitzeugen auftreiben könnte.
Im Grunde aber glaube ich, dass das Tohuwabohu mit den Seriennummern wohl nur durch die alten Aufzeichnungen von FN zu klären wäre, weil sie das auch verzapft haben. Es wird wohl so gewesen sein, dass jeder Auftrag, eine Lieferung zu erstellen, mit einer eigens dafür ausgedachten SN fortlaufend versehen wurde. Beim nächsten Auftrag hat man sich dann vielleicht etwas anderes ausgedacht.
Da ich noch eine S G T Prägung am Magazinschacht meiner Waffe glaube identifiziert zu haben, stelle ich mir einfach vor, dass diese FN High Power aus einem der US „Rod and Gun Clubs“ stammt und einem Sergeant H. gehörte....

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