Stellungnahme der ALFA zum Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission für die Europäische Feuerwaffenrichtlinie
Die deutsche Waffengesetzgebung ist hinsichtlich Waffenerwerb, Waffenlagerung und Training derart streng, dass mit der vorgeschlagenen Maßnahme in Deutschland kein Mehr an Sicherheit zu erwarten ist. Bezüglich der Änderung der Europäischen Feuerwaffenrichtlinie und ihrer letztmaligen Änderung aus dem Jahre 2008 halten wir diese im Großen und Ganzen für ausreichend. [...] Deutschland ist hier, wie in der Regel in allen Vorgaben der EU, weit vorangeprescht. Erst wenn alle anderen Länder auf diesen.Stand nachgezogen haben, kann eventuell nochmals geprüft werden, ob weitere Verschärfungen einen Sinn ergeben. Sinnvoll erscheinen uns die Einführung einheitlicher Regeln für die Kennzeichnung von Feuerwaffen sowie die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den EU-Mitgliedstaaten.
[...] In allen Berichten der Landes- und Bundespolizei sowie des Bundesinnenministeriums wird klar und unmissverständlich herausgestellt, dass der private, legale Waffenbesitz keinerlei Gefahr für die Innere Sicherheit birgt.
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Damit geht dieser [vom 18.22.15; Anm.d.Zitierenden] Vorschlag aus unserer Sicht schon grundsätzlich am eigentlichen Problem [...] vorbei und erscheint völlig ungeeignet, den Terrorismus zu bekämpfen.
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Die europäische Feuerwaffenrichtlinie ist von ihrem Ursprung her geschaffen, um den legalen, privaten Besitz und den Handel und Transfer von Schusswaffen in einem Europa offener Grenzen unter Berücksichtigung von berechtigten Sicherheitsinteressen zu gewährleisten. Dieses Instrument jetzt zum Mittel der Terrorbekämpfung zu schärfen, ist schon vom Ansatz verfehlt.
Nach allen bisher vorliegenden und veröffentlichten Erkenntnissen wurde keine einzige legal besessene oder aus legalem Besitz stammende Schusswaffe zur Ausübung dieser Gewalttaten verwendet. Ausschließlich handelte es sich um Kriegswaffen, die illegal in die EU eingeführt und auch ohne Berechtigung über die Binnengrenzen der Union transferiert wurden. Solche Waffen unterliegen nicht dem Waffengesetz sondern dem Kriegswaffenkontrollgesetz.
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Auch das Bundesministerium des Inneren erklärt noch in seinem Bericht an die Innenministerkonferenz der Bundesländer vom 13. Oktober 2014, dass es „die Deliktsrelevanz legal besessener Feuerwaffen, [...], als gering bewerte“. Weiter heißt es in diesem Bericht: „Das BMI sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, in Ausweitung der bestehenden Regeln, die sich grundsätzlich bewährt haben, den Ausschluss weiterer Waffen vom sportlichen Schießen zu betreiben. Ein messbarer Sicherheitszuwachs wäre von einer solchen Regelung nicht zu erwarten.“
Zum Verbot von halbautomatischen Schusswaffen, die Vollautomatischen ähnlich sehen
Die zu Halbautomaten umgebauten vollautomatischen Schusswaffen bleiben nach deutschem Recht weiterhin Vollautomaten damit grundsätzlich verboten. Eine solche Regelung ist juristisch klar definiert, ganz im Gegensatz zum vorgeschlagenen Verbot halbautomatischer Schusswaffen, die wie Vollautomaten aussehen. Im Weiteren ist ein solcher Vorschlag wenig zielführend. Stattdessen würde ein Teil einer Sportausübung erheblich erschwert bzw. verboten werden. Aus diesen Gründen lehnt ALFA auch diesen Vorschlag ab.
Dem Vorschlag der Kommission liegen bereits falsche Erkenntnisse zu Grunde, aus welchen sie Ihre Schlüsse gezogen hat. [...]
Auch die Forderung der Einstufung aller halbautomatischen Schusswaffen, die Vollautomatischen ähnlich sehen, trifft auf Unverständnis. Schon die Formulierung „ähnlich sehen“ erweckt erhebliche Bedenken hinsichtlich des verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgebotes. Nicht zuletzt aus diesem Grund verabschiedete sich der deutsche Gesetzgeber 2003 von dem bis dato bestehenden Verbot des sog. „Kriegswaffenanscheins“, da es hier bereits zu unterschiedlicher Bewertung innerhalb der deutschen Bundesländer kam und das Bundeskriminalamt diese Regelung daher für nicht vollziehbar hielt. Übertragen auf die Europäische Union wird dies mehr Rechtsunsicherheit als Sicherheit schaffen!
Mit Aufhebung der genannten Verbotsnorm wurden halbautomatische Schusswaffen in großer Zahl von Sportschützen und auch Jägern rechtmäßig erworben, die durch die nunmehr im Kommissionsentwurf erhobene Forderung der Einziehung und Vernichtung enteignet werden sollen. Dies erfordert eine gesetzliche Grundlage, die auch die Entschädigung für diese Enteignung festlegt. Für einen derart schwerwiegenden Eingriff in das Eigentumsrecht fehlt aber jede tragfähige Begründung.
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Harmonisierung der Deaktivierungsstandards in der EU
Durch Regelung zu Gas- und Schreckschusswaffen sowie unbrauchbar gemachten Waffen nimmt die Kommission Gegenstände in die Richtlinie auf, die keine Feuerwaffen sind und somit gar nicht deren Regelungsgehalt berühren sollten.
Das Problem der nicht einheitlichen Standards für die Deaktivierung von Feuerwaffen war schon in der Änderung der Feuerwaffenrichtlinie 2008 benannt und die Europäische Kommission befand sich seither im Verzug, entsprechende Regelungen zu schaffen.
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Einheitliche Standards für Gas- und Schreckschusswaffen in der EU
Die Forderung nach harmonisierten Standards bei der Herstellung von Gas-, Schreckschuss und Salutwaffen ist grundsätzlich sinnvoll. Herr Fabio Marini bezeichnet die deutschen Vorschriften zur Verhinderung eines Umbaus in schießfähige Waffen als vorbildlich.
Die nach diesen EU-einheitlichen Regeln hergestellten Gas- und Schreckschusswaffen ebenfalls der Registrierpflicht zu unterstellen, erscheint wiederum widersprüchlich und unverhältnismäßig. [...] Selbst die von der EU-Kommission beauftragte Studie hierzu, auf welche sich der Änderungsvorschlag in seiner Begründung stützt, hat die Möglichkeit einer Registrierung betrachtet und letztlich verworfen!
Zeitliche Limitierung der Erlaubnisse und regelmäßige Gesundheitschecks im Turnus von 5 Jahren
Die Europäische Kommission schlägt die Einführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor, welche alle fünf Jahre wiederholt werden müsste. Dies würde für alle rechtmäßigen Eigner von Schusswaffen ohne vorheriges Fehlverhalten gelten. Ein solches Vorgehen wäre zu vergleichen mit der Einführung einer entsprechenden Untersuchung bei Führerscheininhabern. Einen solchen Generalverdacht lehnt ALFA strikt ab. Nicht die gesetzestreuen Legalwaffenbesitzer, sondern die Nutzer illegaler Waffen stellen i.d.R. eine terroristische Bedrohung dar. Statt der Einführung nicht effektiver Regelungen muss vielmehr die Eigenverantwortung gesetzestreuer Bürger weiter gestärkt werden. Im Weiteren steht ALFA für die strenge Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in Europa. Dies bedeutet in diesem Fall, dass nach unserer Auffassung die Mitgliedstaaten alleine für die Einführung einer solchen Maßnahme zuständig sind, nicht aber die Europäische Kommission.
Weiterhin liegt diesem Vorschlag der Kommission liegt ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber rechtstreuen Bürgern zu Grunde, welche unter unzulässigen Generalverdacht gestellt werden.
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Dies führt zum bereits dargestellten Ergebnis, dass die Gruppe der Waffenbesitzer überaus rechtstreu ist und nach Auswertung aller behördlichen Erkenntnisse keinerlei Gefahr für die öffentliche Sicherheit bieten.
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Einschränkung des Online-Handels
Der Online-Handel über das Internet oder sonstige Medien folgt den gleichen gesetzlichen Vorgaben wie der Handel in Fachgeschäften. [...] Auch hier fehlt es an belegten Vorfällen aus der Vergangenheit, die signifikante Verstöße gegen waffenrechtliche Bestimmungen belegen.
Die Beschränkung des gewerblichen Fernabsatzhandels mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Teilen oder Munition auf lizensierte Waffenhändler ist in Deutschland bereits eindeutige Gesetzeslage. Den nichtgewerblichen Onlineverkauf für Privatpersonen zu verbieten, erscheint hiesig überzogen und nicht begründet.
Eine weitere Einschränkung des Online-Handels mit legalen Schusswaffen ergibt daher keinen Sinn.
Neue Markierungsregeln
Die Neuregelung der einheitlichen Markierung des Gehäuses ist grundsätzlich sinnvoll, da es sich um eine Möglichkeit handelt, durch eine Vereinheitlichung der europäischen und US-amerikanischen Regeln ein Zeichen zu setzen[...] und so eine eindeutige Identifizierung und Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten. [...] Da dies eine sinnvolle Vereinheitlichung ist, die möglichen Missbrauch ausschließen kann und Regelungslücken schließt, wurde dieser Vorschlag von uns mitgetragen und unterstützt.
Verbesserung von Informationsaustausch und Zusammenarbeit innerhalb der EU
Eine Verbesserungen in der Zusammenarbeit und Informationsweitergabe unter den europäischen Staaten und Behörden ist begrüßenswert.
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Eine kurze Nebenbemerkung. Die EU hat für ca. 500.000,- Euro eine Studie an der Universität Coventry (UK) zum Waffenrecht EU EFFECT in Auftrag gegeben. Diese Studie soll im Februar 2016 präsentiert werden. Wenn jetzt eine voreilige Gesetzesänderung stattfindet, hätte die EU dieses Geld „zum Fenster hinaus geworfen“.
Zusammenfassend ist festzustellen:
Alle geplanten Änderungen haben keinerlei verhindernden Einfluss auf Terroranschläge und andere kriminelle Handlungen. Unbescholtene Bürger werden unter Generalverdacht gestellt
Wir sprechen uns mit aller Macht gegen die geplante Waffenrechtsverschärfung der EU aus.
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