Die Walther P38er. Die einst in die Wehrmacht zur Ablösung der Pistole 08 eingeführt, in den USA als Impulsgeber für die ersten Double Action Pistolen diente, ab 1956 modifiziert und, ebenfalls unter dem Namen P38, in die Bundeswehr übernommen wurden.
Die Übernahme als Ordonanzpistole in die Bundeswehr war recht glanzlos, da zu diesem Zeitpunkt keine konkurrenzfähige Pistole aus deutscher Fertigung zur Verfügung stand sowie ihr Bekanntheitsgrad aus dem WKII noch nicht in Vergessenheit geraten war. Somit wurde die P38 ohne größere Tests in die Bundeswehr eingeführt.
Die Bezeichnung P38 hat sich bis in die heutige Zeit gehalten. Auch wenn sich 1963 die Behördenbezeichnung in P1 (Pistole 1) änderte. Im zivilen Bereich blieb es nach wie vor bei der Bezeichnung P38, was auch immer auf der Verschlussbeschriftung der Waffe für den zivilen Markt zu lesen war. Meist waren diese mit Holzgriffschalen ausgestattet.
Ab 1997, mit Einführung der Pistole P8, wurde die Walther P1 Stück für Stück aus der Bundeswehr ausgesondert. Mag sein, dass in irgendeiner Waffenkammer, sei es Heer, Marine oder Luftwaffe, in einem Depot oder gar als Dienstwaffe für zivile Wacheinheiten der Bundeswehr noch welche Schlummern…aber ihre Zeit als Dienstwaffe der ersten Wahl in unserem Land ist beendet.
Und so nahm ich eine Schere….(Bild2).
In der Reihe meiner persönlichen Schusstests haben mich diesmal folgende Pistolen begleitet:
- Pistole Walther P 38, Bundeswehrabnahme Baujahr 1960 (Depotverpackt)
- Pistole Walther P 38, Zivil Baujahr 1978, Beschussamt Ulm
- Pistole Walther P1, Bundeswehrabnahme, Baujahr 1984 (Depotverpackt)
Allgemeine Merkmale:
Die technischen Daten der Drei Waffen sind nach Herstellerangaben exakt die gleichen. Mich hat aber misstrauisch gemacht, als ich den Eindruck hatte, die Läufe der P38 Zivil und P1 Bw wären länger als der P 38.
Nachgemessen mit der Schieblehre, indem ich von der Mündung bis zum Ende des Patronenlagers maß, kam ich auf folgende Messwerte:
P38 Bw = 125,20mm
P38 Zivil = 126,60mm
P1 Bw = 126,60mm
Diese rührt aber auf eine Änderung des Rohbandes und einer 1974 durchgeführten Änderung der Laufbefestigung her, die man an der zusätzlichen leichten Stufe an der Mündung Waffe erkennen kann (Bild 3a).
Der Unterschied der „neuen“ P38 zur P38 aus Kriegsproduktion lag u.a. darin, dass das Griffstück aus schwarzeloxiertem Aluminium bestand (wobei schon Ende 1944 mit einen solchen Griffstück experimentiert wurde, es aber nicht mehr zum Einsatz kam). Weiterhin waren der Verschluss, der Lauf und die verwendeten Kleinteile in den allermeisten Fällen phosphatiert. Die Griffschalen waren nun aus schwarzen, rutschfesten, Kunststoff mit einer leichten Daumenauflage, und dem Lauf mit eingezogenem Futterlauf anstelle aus einem massiven Stück.
Der Qualitätsanspruch der Bundeswehr an die Pistole betrug ursprünglich das aushalten von mindestens 500 Schuss. Das wurde dann aber später auf 3000 Schuss pro Waffe erhöht. Nicht mehr vergleichbar mit den Ansprüchen an heutige Waffen, die ein vieles mehr aushalten müssen.
Alle Ersatzeile mussten über alle Serien und Lieferungen hinaus, untereinander austauschbar sein. Damit sollte gesichert werden, dass auch frühe Modelle bei Reparaturen nicht hinten runterfielen.
Das hatte zur Folge, dass fast alle Pistolen P38/P1 im Laufe ihres militärischen Lebens bei Instandsetzungsarbeiten oder turnusmäßigen Überprüfungen mit neuen, oder modifizierten Ersatzteilen, nach- bzw. umgerüstet wurden. Somit ist es wirklich sehr unwahrscheinlich, dass man eine völlig originale Fertigung der Bundeswehrpistole P38 in die Hände bekommt.
Frühe Modelle der P 38 verfügten noch nicht über die Zerlegehilfe im Verschluss. Diese (bei späteren Modellen mit einer einfachen Nut in der Verschlussunterseite), wirkte so, dass wenn man den Lauf im montierten Zustand mit der flachen Hand zurückdrückte, konnte der Rohrhaltehebel umgelegt und die Waffe zerlegt werden (Bild 3b).
Die ersten, in die Bundeswehr eingeführten Pistolen P38 unterschieden sich von späteren Lieferungen an der Verschlussbeschriftung. Die zeigte auf der linken Seite die Waltherschleife Schriftzug Carl Walther Waffenfabrik Ulm/Do und zentriert darunter P38 9mm. Auf der rechten Seite befand sich die Militär-Bestellnummer und der Herstellungszeitraum in Monat und Jahr.
Im Oktober 1963 änderte sich die Verschlussbeschriftung, indem sich nun die letzten drei Ziffern der Waffennummer und die Beschriftung neben der Walther Schleife Carl Walther Waffenfabrik Ulm/Do und P1 9mm“ auf der linke Seite befand. Weiterhin entfiel die Bestellnummer auf der rechten Verschlussseite der Waffe.
1967 kam eine erneute Modifizierungs- und Beschriftungsänderung. Nun stand auf der linken Verschlussseite neben der Waltherschleife „P1 Cal. 9 mm“ sowie Monat und Jahr der Produktion. Ab jetzt war auch der Verschluss von 2,5mm auf 3,2mm, verstärkt worden, die Anzahl der Fingerrillen wurde erhöht und der Rohrhaltehebel wurde in seinen Maßen geändert, was mit einem Stern auf dem selbigen dokumentiert wurde (Bild 4).
1971 wurde der Auswerfer mit einer kleinen Feder versehen, damit er immer wieder die gleiche Ausgangsstellung einnimmt.
1972 wurde der Verschlussriegel vom Feingussteil in ein Schmiedeteil ausgewechselt, was auch nun das abfeuern von mindestens 3000 Schuss ermöglichte. Ebenfalls wurde nun der Futterlauf nicht mehr verstiftet, sondern eingepresst und zum Patronenlager hin mit einem schmalem Bund gefestigt. Dieser schmale Bund wurde dann 1974 durch einen breiten, stabileren, ersetzt.
1975 wurde zur Rahmenverstärkung ein Stahlsechskant quer in das Griffstück eingesetzt. Auch wurde das Visier markiert. Das Korn wurde breiter, erhielt einen weißen Punkt, die Kimme wurde weis eingefasst.
1977 bekam der Rohrhaltehebel eine Riffelung. Der Schlagbolzen bekam ein poliertes Finish um reibungsloser zu laufen. Auch der Zugehörigkeitsstempel auf dem Griffstück „BW“ wurde in „Bw“ geändert.
Die letzten Modifikationen waren die Verstärkung des Schlagbolzens 1983 und die Veränderung der Magazinlippen 1992.
Die vielen, eigentlich nicht für den zivilen Gebrauch bestimmten Stempel auf der Waffe, umfassten u.a. einen Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Dieser Stempel sagte aus, dass die Waffe in all ihren Teilen innerhalb der Toleranzgrenzen befand. Einen Stern, der auf modifizierte Teile gestanzt wurde, sowie der des Güteprüfdienstes der Bundeswehr, der sich in der Regel auf allen Hauptteilen der Pistole zweimal befand. Zum einen nach dem Beschuss, sowie zum zweiten nach der Endabnahme der Waffe. Die jeweilige Zahl im Gütestempel ist dem jeweiligen verantwortlichen Abnahmebeamten zuzuordnen (Bild 5).
Der Sicherungsflügel hat bei allen Dreien die gleiche Funktion. Lediglich die Zivilversion zeigt, auch nach näherem Hinsehen, keine farbige Markierung der Sicherungszustandsbuchstaben (Bundeswehrversionen : F=rot / S=weis) auf (Bild 6).
Es gab natürlich einige Sonderversionen und Nachfolgemodelle. Aber das waren nicht mehr unsere Einstiegs P38, sondern geplatzte Versuchsballons……
Laut Bedienungsanleitung sind die Visiere auf 50mtr. Fleck eingeschossen.
Technische Daten Walther P 38/ P1:
(Nachkriegsproduktion)
Gesamtlänge : 215mm
Lauflänge : 125mm
Kaliber : 9mm Luger
Magazinkapazität : 8 Patronen (+1)
Visierlänge : 185mm
Gewicht : 750gr. (leichte Gewichtsunterschiede im 5-10 gr. Bereich
Folgende Munition habe ich verwendet:
- 9x19mm wiedergeladen mit 4,1 grain N320, MagTech Hülse, MUROM Zündhütchen, 124grain H&N PbCu HS Geschoss (Verwende ich auch so als Wettkampfmunition).
Das Schussprogramm für jede Pistole sah so wie folgt aus:
Entfernung 15 Meter :
- 5 Schuss, Spiegel aufsitzen lassen.
- Feststellung der Treffpunktlage (Bei allen 3 Pistolen war es der Fleckschuss)
- 5 Schuss auf`s Zentrum der Scheibe (ohne Mittelpunktmarkierung)
Abschlussscheibe Entfernung 15 Meter:
- je Waffe 5 Schuss wiedergeladene Munition
Trefferlage P38BW grün , P38Ziv blau und P1BW rot (Bild 8).
Auswertung Walther P38 Bw:
+Trotz des geringen Gewichtes erträglicher Rückschlag
- Schleppender, typischer Abzug für eine Dienstwaffe
- Sehr feine Visierung, schwere Zielauffassung für Präzisionsschuss
+ Gute Handlage
+ Verschluss beim Fertigladen sehr schwer bedienbar
+ Keine Probleme mit der wiedergeladenen Munition
Auswertung Walther P38 Zivil:
+Trotz des geringen Gewichtes erträglicher Rückschlag
- Schleppender, typischer Abzug für eine Dienstwaffe
+ Gute Visierung, schnelle Zielauffassung für Präzisionsschuss durch Visiermarkierungen an Korn und Kimme
- Mäßige Handlage durch die etwas dickeren Holzgriffschalen (natürl. Handgrößenabhängig)
+ Verschluss beim Fertigladen sehr schwer bedienbar
+ Keine Probleme mit der wiedergeladenen Munition
Auswertung Walther P1 Bw:
+Trotz des geringen Gewichtes erträglicher Rückschlag
- Schleppender, typischer Abzug für eine Dienstwaffe
+ Gute Visierung, schnelle Zielauffassung für Präzisionsschuss durch Visiermarkierungen an Korn und Kimme
+ Gute Handlage
+ Verschluss beim Fertigladen sehr schwer bedienbar
+ Keine Probleme mit der wiedergeladenen Munition
Gesamtpunkte von 6 möglichen:
P38Bw = 4
P38Ziv = 4
P1 Bw = 5
Persönliches Fazit:
Der etwas dickere Griff der Zivilausfertigung und die m.E. zu feine Visierung der P38 BW sind bei drei wirklich schlechten Abzügen kein zu überbewertendes Kriterium.
Die Schussbilder auf 15mtr. Entfernung beweisen, wie hochwertig die Waffen sind (Bild 8).
Allerdings sind sie für den Anfänger sehr sehr schwer zu schießen. Der Altgediente und aktive Bunderwehrreservist dürfte da wohl weniger Probleme haben.
Alles in allem sind die Walther Pistolen der Nachkriegsproduktion, trotz, aber auch aufgrund der vielen Modifikationen, gute Waffen und haben ihren Platz in der Sammlungswürdigkeit mit Recht erreicht. Ihr Mythos wird uns überleben...(Bild 7).
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