Als 1985 die Pistole Beretta 92F (OrgBez. 92SB* F) als Model M9 für den Colt 1911 in die US-Streitkräfte eingeführt wurde, ging ein Raunen durch die Fachwelt. Nicht etwa weil man glaubte das die Pistole dafür nicht geeignet wäre, sondern das sich das US-Verteidigungsministerium für einen europäischen Hersteller entschieden hat.
*S-für besondere Sicherungseinrichtung / B-für beidseitigem Sicherungshebel
Das, nach umfangreichen Tests, für die amerikanischen Streitkräfte ausgewählte Model 92F unterschied sich von den Standardmodellen, durch seinen eckigen Abzugbügel, den verstärkten Magazinboden und den Sitz der Fangriemenöse.
Die Entscheidung für diese Waffe gab der 92F einen großen Schub auf dem Waffenmarkt. Nahm man nun an, die Beretta wäre das Non Plus Ultra. Eine Serie von weiteren Modellen z.B. in Stainless oder Kompaktausführung etc. folgte. Eingerichtet für verschiedene Kaliber z.B. 9mm Luger, .40S&W, 9x21IMI oder für kurze Zeit auch in .30Luger.
Folgend kam noch eine verbesserte Version, unter der Bezeichnung Beretta 92F Brigadier, mit einem u.a. verstärkten Verschluss auf den Markt. Und so konnte man wohl endgültig von einem Generalangriff auf das Dienstwaffengeschäft sprechen.
Der Dienstwaffenmarkt in Deutschland blieb hiervon allerdings unbeeindruckt. Nach wie vor wurde er weiter von Walther, Heckler & Koch und SIG bestimmt. Allerdings wurde der Privatmarkt (Sportschützen u. Jäger) für kurze Zeit von der Beretta 92F erobert.
Auch in Österreich ließen sich die Glock-Modelle nicht von der Beretta zurückdrängen. Letztendlich waren es u.a. Glock-Pistolen, die einige Jahre später den amerikanischen Dienstwaffen- und Privatwaffenmarkt eroberten.
In der Reihe meiner persönlichen Schusstests hat mich diesmal folgende Pistole begleitet :
- Beretta 92 FS, Kaliber 9mm Luger, Baujahr 1994
Ausgestattet mit einer verstellbaren Visierung, Double Action Abzug und, neben den Holzgriffschalen, auch mit Gummigriffschalen (Bild 1).
Allgemeine Merkmale :
Die Beretta 92 FS besitzt eine beidseitig zu bedienende Sicherung. Sie setzt in der „Gesichert“ Stellung die Abzugfunktion außer Betrieb. Im Gegensatz zu den meisten Smith & Wesson Pistolen, besitzt sie keine Magazinsicherung, die eine Schussauslösung bei herausgenommenen Magazin verhindert. Die Verriegelung erfolgt mittels Schwenkriegelverschluss (Bild 2).
Der Verschluss besitzt kein Auswurffenster, sondern öffnet sich komplett, ähnlich dem der Walther P38 (Bild 3 c).
Das Griffstück enthält zum besserem Halt sogenannte straps, hat einen smooth Trigger sowie einen eckigen Abzugbügel mit Checkering (Bild 3 a+b).
Die verstellbare Visierung ist punktmarkiert und liegt sehr hoch auf. Die Originalvisierung (nicht verstellbar) liegt wesentlich flacher auf der Waffe (Bild 4).
Alles in allem, hat die Waffe eine gute Handlage und man kann alle Bedienelemente gut erreichen. Die Waffe hat beachtliche Ausmasse und wirkt recht voluminös.
Bemerkenswert ist, dass schnelle, unkomplizierte zerlegen der Waffe. Es muss lediglich von der rechten Rahmenseite der Zerlegeknopf eingedrückt und dann auf der linken Rahmenseite der nun entsperrte Demontagehebel gedreht werden. Danach lässt sich der Verschluss nach von vorn der Waffe schieben.
Technische Daten der Beretta 92FS:
Gesamtlänge : 217mm
Lauflänge : 123mm
Kaliber : 9mm Luger
Magazinkapazität : 15 Patronen (+1)
Visierlänge : 170mm
Gewicht : 970gr.
Die Leistungsdaten der Patrone 9mm Luger:
Hülsenlänge : 19mm
Geschossgewicht : 8,1gr.
Mündungsgeschwindigkeit (Vo) : 380m/s
Energieabgabe (Eo) : 584 J.
Entwickelt : 1902 von Georg Luger
Folgende, Munition habe ich verwendet:
GeCo 9mm Luger 8,1gr. Vollmantel
Wiedergeladen, Hülse CBC, Zündhütchen MUROM, 125grs verkupfertes Bleigeschoss DIA .357, 4,1grs N 320 Pulverladung.
Das Schussprogramm für die Pistole sah so wie folgt aus:
Entfernung 15 Meter:
- je 5 Schuss pro Munitionssorte, Spiegel aufsitzen lassen
- Feststellung der Treffpunktlage
- Je 5 Schuss nach jedem Justiervorgang (Bild5)
Treffer mit GeCo Munition in grün gekennzeichnet, WDGL = rot
Abschlußscheibe Entfernung 25 Meter:
- je 10 Schuss pro Munitionsart
Auswertung der Beretta 92FS:
+ Gewicht und Rückschlagenergie sind ausgewogen.
+ guter, trockener Abzug – Spannabzug etwas schwer
+ gute sichtbare, kontrastreiche Visierung
+ Gute Handlage, die bei voll gefülltem Magazin seine Kopflastigkeit verliert
+ Verschluss beim Fertigladen leichtgängig und sehr gut bedienbar
+ Kein Probleme beim Zuführen/Repetieren mit der Verwendeten Munition
Gesamtpunkte von 6 möglichen:
92 FS = 6
Persönliches Fazit:
Eine recht große Pistole, die über ein gutes Abzugsystem verfügt. Ebenfalls ist die Sicherungseinrichtung der Waffe durch die beidseitige Bedienbarkeit ein großer Vorteil. Vermissen tut man allerdings einen beidseitigen Magazinhalteknopf.
Das Schussverhalten ist sehr gut und die Präzision erstaunlich. Natürlich wird diese durch die verstellbare Visierung und durch die Lauflänge wesentlich unterstützt (Bild 5).
Bei der verwendeten Munition gab es auf 25mtr. Zielentfernung keine merkbaren Unterschiede, obwohl sich die verwendeten Geschossdiameter zwischen .355 u. .357 in. befanden (Bild 6).
Unter dem Strich eine wirklich durchdachte Dienstpistole, die aber wohl aufgrund ihrer Größe nur noch im Militäreinsatz ihr Dasein behaupten kann. Die moderne Dienstwaffe ist heute in ihrer kompakten Form ebenso leistungsfähig.
Zum Vergleichstest tritt nächste Woche das Smith & Wesson Model 639 im Kaliber 9mm Luger an (Bild 7).
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