Ob das Smith & Wesson Model 639 jemals zur Disposition für die Übernahme als neue Ordonanzwaffe in die amerikanische Armee stand, wage ich zu bezweifeln. Eigentlich war sie so nicht für den breiten Dienstwaffenmarkt vorgesehen. Obwohl wenig später als Zusatzoption ein 20 Schussmagazin für diese Waffe erhältlich war und weitere Modifizierungen vorgenommen wurden.
Aufgebaut auf einem Ganzstahlrahmen, eingerichtet für das Kaliber 9mm Luger mit den klassischen Walnussholzgriffschalen und dem eingelassenem Smith & Wesson Medaillon, ist es eine ansprechende Waffe. Hohes Gewicht, 4 Zoll Lauf, Double Action Abzug und modifiziertes Sicherungssystem sind Zeichen ihrer Herstellungsepoche. Gebaut von 1983 – 1988.
In der Reihe meiner persönlichen Schusstests hat mich diesmal folgende Pistole begleitet:
- Smith & Wesson 639, Kaliber 9mm Luger, Baujahr 1983, die den Vergleich mit der Beretta 92 FS antritt.
Ausgestattet mit einer verstellbaren, eingefassten, Visierung, Double Action Abzug und Holzgriffschalen (Bild 1).
Allgemeine Merkmale:
Ebenso wie bei der Beretta 92F, wird bei der Smith & Wesson 639 im gesicherten Zustand die Abzugfunktion außer Betrieb gesetzt. Weiterhin verfügt die 639 über eine Magazinsicherung die eine Schussauslösung bei herausgenommenen Magazin verhindert. Die Sicherung ist allerdings nur einseitig bedienbar. Die Verriegelung erfolgt mittels des Petter-SIG-Verriegelungssystem mit noch einer Laufverriegelungswarze (Bild 2).
Der Verschluss besitzt ein klassisches Auswurffenster (Bild 3 c).
Das Griffstück enthält zum besserem Halt ein sogenanntes checkering, aber nur auf dem Griffrücken, smooth Trigger und einen runden Abzugbügel (spätere Modelle wurden mit eckigem Abzugbügel und checkering ausgestattet) ohne checkering (Bild 3 a+b).
Eine sehr flache, nicht markierte, justierbare Visierung. Diese ist eingefasst durch zwei Seitenschutze, die die Waffe für den schnellen Zug optimiert, da sich das Visier so nicht in Kleidungsstücken verhaken kann. Weiterhin schützten sie die Visiereinrichtung gegen äußere Gewalteinwirkung. Eine Bohrung im Seitenschutz ermöglicht die seitliche Nachjustierung des Visiers (Bild 4).
Ungeladen ist die Waffe sehr Kopflastig. Wobei auch die Standard Magazinkapazität diesen Umstand nicht ausreichend ausgleicht. Man kann, trotz eines recht breiten Griffstückes, alle Bedienelemente gut erreichen. Die Waffe wirkt nicht so groß wie die Beretta 92F.
Bemerkenswert ist, dass diese Waffe mit einer Laufbuchse versehen und das zerlegen erheblich komplizierter und langwieriger als beim Beretta Model ist. Sowie, dass das checkering des Griffrückens aus einem Anbauteil aus Aluminium besteht.
Technische Daten der Smith & Wesson Mod. 639:
Gesamtlänge : 195mm
Lauflänge : 102mm
Kaliber : 9mm Luger
Magazinkapazität : 8 Patronen (+1)
Visierlänge : 146mm
Gewicht : 1020gr.
Noch mal zu Vergleich die Daten der Beretta 92FS:
Gesamtlänge : 217mm
Lauflänge : 123mm
Kaliber : 9mm Luger
Magazinkapazität : 15 Patronen (+1)
Visierlänge : 170mm
Gewicht : 970gr.
Die Leistungsdaten der Patrone 9mm Luger:
Hülsenlänge : 19mm
Geschossgewicht : 8,1gr.
Mündungsgeschwindigkeit (Vo) : 380m/s
Energieabgabe (Eo) : 584 J.
Entwickelt : 1902 von Georg Luger
Folgende, Munition habe ich verwendet:
GeCo 9mm Luger 8,1gr. Vollmantel
Wiedergeladen, Hülse CBC, Zündhütchen MagTech, 125grs verkupfertes Bleigeschoss DIA .357, 3,9grs N 320 Pulverladung.
Kennzeichnung der GeCo Treffer in rot, WDGL in grün
Das Schussprogramm für die Pistole sah so wie folgt aus:
Entfernung 15 Meter:
- je 5 Schuss pro Munitionssorte, Spiegel aufsitzen lassen
- Feststellung der Treffpunktlage
- 5 Schuss nach jedem Justiervorgang
Abschlußscheibe Entfernung 25 Meter:
- je 10 Schuss pro Munitionsart
Auswertung der S&W Mod. 639 (Bild 5):
+ Gewicht und Rückschlagenergie sind ausgewogen
+ guter, trockener Abzug – Spannabzug zufriedenstellend
+ gute sichtbare, kontrastreiche Visierung
+ Gute Handlage, trotz Kopflastigkeit
- Verschluss beim Fertigladen leichtgängig aber schlecht bedienbar
+ Kein Probleme beim Zuführen/Repetieren mit der Verwendeten Munition
Gesamtpunkte von 6 möglichen:
S&W 639 = 5
Persönliches Fazit:
Das fehlen des eckigen Abzugbügels, kein checkering am Vorderteil des Griffstückes sowie am Abzugbügel, machen die 639 nicht so griffig. Hier fehlt doch eine spürbare Unterstützung in der Handhabung. Der Verschluss ließ sich zwar leicht führen, aber führten die Lage des Sicherungshebels und die eingefasste Visierung zu einer schlechten / ungewohnten Handhabung.
Bei der verwendeten Munition gab es auf 25mtr. Zielentfernung merkbare Unterschiede, die GeCo Munition im Diameter .355 lag zwar etwas tiefer, aber zeigte eine wesentlich bessere Schussgruppe als die mit Diameter .357 verwendeten (Bild 6).
Eine gute Pistole, deren Leistung sich durchaus mit den Modellen ihrer Zeit hat messen können. Ihr angenehmes Schussverhalten und die gewohnte Präzision lässt sie als gute Sportwaffe im statischen Wettkampf ihren Platz verteidigen.
Dennoch fiel sie wohl ihrer nicht mehr zeitgemäßen Technik zum Opfer, zumindest im direkten Vergleich zur Beretta 92F seinerzeit. Magazinkapazität, Lauflänge und Gewicht haben diese, damals schon vorhandene Waffe, wohl gar nicht erst zur engeren Auswahl kommen lassen.
Obwohl, fußend auf dem Model 39-2, welches der amerikanischen Armee (siehe Thread : http://www.waffen-welt.de/showthread.php?t=3264) nicht unbekannt war und deren letzten Modelle mit Einführung der Beretta 92F (M9) 1985 ausgemustert wurden (Bild 7).
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