Der heutige Vertreter –das kanadische Leinenschießgerät auf Basis des Enfield No. 4- beglückte 1972/73 den in Deutschland gerade entstehenden Dekowaffenmarkt. In der Sache handelt es sich um einen No. 4, bei dem der Laufteil zwischen Kornsockel und Mündung entfernt wurde. Dem deutschen Sammlungsanfänger konnte man das damals noch als Ausgeburt des alten deutschen Kriegswaffenrechts verkaufen, nach dem der Bajonetthalter, der sich an diesem Laufabschnitt befand, entfernt werden musste. Der damalige Anbieter der Waffen hatte jedoch auch No. 4-Gewehre, bei denen lediglich die Bajonettwarzen abgeschliffen waren und hatte das heute vorgestellte Gewehr tatsächlich bereits so angekauft.
Das Entfernen des Laufabschnitts hängt mit dem Stab zusammen, an dem die Leine befestigt ist und der in den Lauf eingeschoben wird. Man versuchte durch die Kürzung, daß die Gase nach der Schussabgabe in alle Richtungen entweichen. Der Stab war deshalb oben mit einer Platte versehen (ähnlich wie die Mills-Gewehrgranate) und fand auf dem Kornträger die größtmögliche Auflagefläche, so daß die Gase –aus Sicht des Erfinders- länger auf die Platte wirken und so die Reichweite des Stabes erhöhen. Der Denkfehler dabei war allerdings, daß der Stab wegen der Platte ein relativ hohes Gewicht hatte. Ein späterer Test zeigte, daß leichtere Stäbe ohne diese Platte auch bei ungekürzten Gewehren in etwa genauso weit fliegen. Auf das Kürzen der Läufe wurde deshalb ab ca. 1950 verzichtet.
Warum erzähle ich das Ganze: Auf einem kanadischen Hafen sind vor kurzem noch zwei Kisten mit derartig abgeänderten Gewehren gefunden worden und der Händler, der sie schließlich angekauft hat, wollte sie wegen der für ihn unerklärlichen Kürzung zuerst zur Ersatzteilgewinnung zerlegen. Erst eine Anfrage im Canadian War Memorial ersparte den Gewehren dieses Schicksal. Und in manchem deutschen Wohnzimmer dürfte auch noch der ein oder andere Vertreter dieser Art unerkannt herumhängen ...
Kommentar