Ich hatte das Glück vor wenigen Tagen einige hundert vernickelte Remington Revolverhülsen im Kaliber .357 Magnum von einem Schützenfreund zu bekommen. Laut des Schützen aus einem LOS, einmal geschossen und noch nie wiedergeladen. Die verwendete Schusswaffe war ein Revolver von Smith & Wesson, Model 686 mit 6 Zoll Lauf.
Dieses Geschenk war für mich endlich das richtige, um auszuprobieren, was denn nun wirklich in ihnen steckt, in den verschiedenen Zündhütchen und vernickelten Hülsen. Durch diesen Test will ich, zumindest ich für mich, die Diskussionen endlich beenden. Denn geschrieben steht viel, gelesen wird halb und das viel geschriebene ändert sich ständig.
Um gleichzeitig die Verbrennungseigenschaften verschiedener Zündhütchen zu ermitteln, lud ich für den Test jeweils 25 Patronen mit Zündhütchen von CCi; Magtech; Murom und Sellier & Bellot. Also quasi aus dem High-Budget, Middel- und Low Budget Segment (Bild 1).
Zum Testvergleich stehen dem 25 Patronen mit Messinghülsen (Hersteller PMC), geladen mit Murom Zündhütchen, gegenüber (Bild 2).
Natürlich findet mein Test nicht unter „optimalen“ Laborbedingungen statt. Auch gibt es eine Reihe mehr Zündhütchen als meine kleine Auswahl, aber alles findet unter den Bedingungen unter denen ich schieße statt, und das ist für mich am aussagekräftigsten.
Ladevorgang:
Gründliche Reinigung der Hülsen mittels Tumbler (mit Zündhütchen (ZH)).
Entzündern, Kalibrieren und Zündern mit Einstationenpresse (Rock Chucker Supreme, Matrizensatz LEE-Carbide).
Pulverfüllen, Geschoss setzen, Geschoss Crimp (Tapercrimp) mit LEE Loadmasterpresse (Progressiv – Presse, Matrizensatz LEE-Carbide, LEE-Tapercrimp)
Laborierungsdaten der Patronen (Bild 3):
Treibladung : 6,9grain N320
Geschoss : H&N Kegelstumpf, Hohlspitz, 158grain, Blei verkupfert
Anzünder : CCi 500 SP; Magtech No.1½ , Murom SP Standard, Sellier & Bellot 4,4 SP - Boxer
Hülsen : 25 Stück PMC Messing, 100 Stück R-P Remington vernickelt
Patronenlänge (OAL) : PMC 40,11mm / R-P 39,96mm
Durchschnittliches Hülsengewicht (ohne ZH)* : PMC 74,9 grain / R+P 77,5 grain
*Beim Messergebnis muss berücksichtigt werden, dass minimale, zurückgebliebene Pulverreste im Hülsenraum sowie der Zündglocke das Messergebnis etwas verfälschen. Zumindest im 100tel Bereich.
Das weitere vermessen der Hülsen brachte folgende Ergebnisse (Bild 4):
PMC / R-P
A. Hülsenlänge : 32,64mm / 32,55mm
B. Hülsenbodendurchmesser : 11,09mm / 11,02mm
C. Hülsenrandstärke : 1,32mm / 1,39mm
D. Hülsenaußendurchmesser : 9,51mm / 9,51mm
E. Hülsenwandstärke : 0,27mm / 0,29mm
F. Hülsentiefe : 28,45mm / 28,37mm
Testabschnitte:
1. je 5 Schuss durch ein Geschwindigkeitsmessgerät aus 50cm Entfernung zum ermitteln der Durchschnittsgeschwindigkeit
2. Präzisionsverhalten auf einer Schussentfernung von 25 mtr. (Sitzend aufgelegt)
3. Rückstoßverhalten (sofern differenzierbar)
4. Verformung der Zündhütchen nach dem Schuss
5. Durchschnittliches Restgewicht der geschossenen Patronenhülsen
Verwendete Waffe:
Revolver, Smith & Wesson Mod. 627 Target Champion, 5 Zoll Lauf
Geschwindigkeitsmessung:
Bei der Auswertung hat sich die R-P-Hülse mit Murom Zündhütchen an die Spitze geschoben. Mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit und dem geringsten M/S – Sprung zwischen dem langsamsten und dem schnellsten Messwert. Absolutes Schlusslicht ist die R-P Laborierung mit dem S&B Zündhütchen.
Die jeweilig erreichten Durchschnittsgeschwindigkeiten:
R-P - Murom = 329 m/s ; M/S-Sprung 9,5 m/s
R-P - Magtech = 327 m/s ; M/S-Sprung 20,2 m/s
R-P - CCi 500 = 323 m/s ; M/S-Sprung 20,1 m/s
PMC - Murom = 321 m/s ; M/S-Sprung 20,7 m/s
R-P - S&B = 319 m/s ; M/S-Sprung 31,1 m/s
Schussgruppendurchmesser (Bild 5):
R-P - Magtech = 46mm
R-P - CCi 500 = 50mm
R-P - Murom = 60mm
R-P - S&B = 65mm
PMC - Murom = 65mm
Rückstoßverhalten:
Ein unterschiedliches, spürbares Rückstoßverhalten, war nicht zu spüren. Das lässt sich wohl auch damit begründen, dass die Geschossgeschwindigkeiten sich nur unwesentlich unterscheiden.
Verformung der Zündhütchen nach dem Schuss:
Aufgrund einer kleinen Phase rund um die Zündglocke, lassen sich die Zündhütchen gefühlt sehr tief setzen. In der Reihenfolge CCi, Murom, Magtech und S&B wurden die Setztiefen des ZH´s von tief nach hoch bestimmt. Der Verformung des ZH´s wird hierdurch entgegengewirkt und bietet somit eine hohe Toleranz bis zur Ringfugenverstreichung (Bild 6).
R-P - CCi 500 = Weist den Stoßbodenabdruck auf
R-P - Magtech = Weist noch eine leichte Rundung am ZH-Rand auf
R-P - Murom = Weist den Stoßbodenabdruck auf
R-P - S&B = Weist einen deutlichen Abdruck der Schlagbolzendurchführung auf
PMC - Murom = Weist den Stoßbodenabdruck auf
Die ZH`s mit dem jeweiligen Stoßbodenabdruck zeigen bei dieser Laborierung das eigentliche Zündoptimum auf, während beim CCI-ZH noch Reserven vorhanden sind. Das S&B-ZH zeigt klar, dass es der Laborierung nicht gewachsen war. Natürlich spielen die Blechhärte der jeweils verwendeten ZH´s bei der Verformung eine nicht unwesentliche Rolle. Somit wäre wohl das CCi ZH sowie das Magtech ZH die Wahl bei einer Steigerung der Treibladungsmenge.
Restgewicht der Hülsen:
Die verbliebenen Verbrennungsrückstände, aufgrund der Verbrennungseigenschaften, zeigten einen nahe zu einheitlichen Wert beim Wiegen.
Nochmals zur Erinnerung die Ausgangsgewichte : PMC = 74,9 grain / R-P = 77,5 grain
PMC - Murom = 75,2 grain
R-P - CCi 500 = 78,2 grain
R-P - Magtech = 77,6 grain
R-P - Murom = 77,5 grain
R-P - S&B = 77,6 grain
Um einmal darzustellen, wie sich der Zündstrahl der jeweiligen Zündhütchen in der Waffe ausbreitet, sind mir folgende Bilder gelungen. Sie zeigen, in der Reihenfolge CCI, MAGTECH, MUROM und SELLIER & BELLOT, eine Zündung in einer R-P Hülse (Bild 7).
Persönliches Fazit:
Beim Laden der Patronen habe ich keine spürbaren Unterschiede an der Presse bemerkt. Wenn auch die vernickelten Hülsen als zäher gelten, so macht sich das beim Wiederladevorgang nicht bemerkbar.
Der sitz des Geschosses bzw. der Crimp zeigte sich bei beiden Hülsenarten (Messing/Messing vernickelt) gleich. Somit konnte ich auch hier durch eine Sichtkontrolle keine Unterschiede feststellen.
Die unterschiedliche Patronenlänge (OAL) von 0,15mm sind m.E. für eine Kurzwaffenpatrone noch in Ordnung.
Bezüglich der unterschiedlichen Zündstrahlen der verwendeten Zündhütchen, so kann man eigentlich nur versuchen, die gewonnenen Erkenntnisse für sich um zu setzen. Es hat sich gezeigt, dass z.B. die extrem starke Zündstrahlentwicklung der Magtech Zündhütchen für die von mir verwendete Laborierung nicht die höchste Geschwindigkeit und auch nicht den geringsten Geschwindigkeitssprung hervorgebracht hat. Das bedeutet aber nicht, dass bei einer anderen Laborierung dieses nicht der Fall ist.
Favorisiert hatte ich im Vorfeld die Zündhütchen von Sellier & Bellot, da ich beim Wiederladen, bei der Auslösezuverlässigkeit sowie der Präzision über die Jahre die besten Erfahrungen gemacht habe.
Genau umgekehrt verhielt es sich bei den MUROM ZH´s, die mich des öfteren bei der Auslösezuverlässigkeit in Schwierigkeiten gebracht haben. Allerdings nur bei den Revolverpatronen. Ich habe deshalb als Gegenmaßnahme die Schlagfederspannung bei meinem Revolver erhöht. Das hat nur absolut geringe Einwirkung auf das Abzugsgewicht.
CCI ist und bleibt m.E. nach wie vor eines der qualitativ besten Zündhütchen. Zündstrahl und das verwendete Material für den ZH-Körper sind wohl unantastbar. Dennoch haben sie in meinem Test ihren Anspruch an Qualität nicht erreicht.
Und somit bin ich völlig überrascht, dass die Magtech ZH mit dem stärksten Zündstahl, einer mittelmäßigen Verformung sowie einem recht großen M/S – Sprung den Test mit dem geringsten Schussgruppendurchmesser für sich entschieden haben. Ich hatte diese ZH´s überhaupt nicht auf dem Schirm. Mich hatte lediglich beeindruckt, wie unglaublich stark der Zündstrahl war. Zu Sicherheit habe ich den Magtech Zündstrahltest noch zweimal wiederholt. Immer mit gleichem Ergebnis….Lichtblitz in der dunklen Hütte…Ansonsten sprach nichts weiter für diese ZH`s.
Für die Stylisten unter uns, sehen zweifelsohne die Patronen mit Verkupfertem Geschoss und Chromfarben Zündhütchen in Nickelhülse sehr gut aus. Der Testwert will es nun auch zufällig, dass der Testsieger in seiner Fertigstellung so aussieht. Ich hatte mit einem anderen Ergebnis gerechnet.
Am Ende dieses Testes bin ich es wohl, der die Klappe hält….allerdings mit ruhigem Gewissen und fundierten Erkenntnissen…. Gut Schuss compañero`s……
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