Walther und Sauer setzten mit ihren Entwicklungen einen neuen Maßstab im Segment der Selbstladepistolen und stellten somit die Waffenkonstrukteure der Konkurrenzfirmen, durch Patentierung ihrer Systeme, vor große Herausforderungen.
Vor einer solchen Herausforderung stand plötzlich auch der Chefingenieur Axel Seidel, als ihm die Mauser Betriebsführung mit der Entwicklung einer zeitgemäßen und konkurrenzfähigen Selbstladepistole beauftragte.
Bei meinen persönlichen Schusstests begleitete mich diesmal die Pistole:
Mauser HSc (Hahn – Selbstspannerpistole Mod. 3), Kaliber 7,65mm, Baujahr 1968
1930 ging es dann ans Werk. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt der Export an Mauserpistolen recht gut lief, stellte Mauser fest, dass der Inlandsverkauf an Selbstladepistolen wohl stark rückgängig war.
Den patentierten Walther und Sauer Pistolen musste nun mit neuer Innovation entgegengewirkt werden, um wichtige Marktanteile, vor allem in der Aufrüstungszeit der deutschen Wehrmacht, zurück zu gewinnen.
1939 lag dann die erste, wirklich gleichrangig anzusehende, Pistolenkonstruktion vor: Die Selbstladepistole MAUSER HSc (Hahn – Selbstspanner – *Model c (Bild 1)).
*Strittig ist die Bedeutung des Buchstaben c. Soll es einmal für das dritte Versuchmodel stehen, sagen andere es steht für Construction usw… usw…– wohl ein Thema für sich.
In der Original Bedienungsanleitung lautet es im Eingangstext des Herstellers:
Die neue MAUSER-Hahn-Selbstspannerpistole Modell HSc Kaliber 7,65
ist das dritte Modell der von unserem Werk, einer Stätte alter Pionierarbeit
im Waffenbau, herausgebrachten Hahnpistolen. Jahrzehntelange Erfahrungen
in der Entwicklung von weltbekannten Hand- und Faustfeuerwaffen……
Technische Daten:
Kaliber: 7,65mm
Lauflänge: 85 mm
Gewicht: 585 gr.
Waffenlänge: 162 mm
Waffenhöhe: 110 mm
Waffenbreite: 28 mm
Magazinkapazität: 8 Patronen
Eine völlig neue Konstruktion einer DA (Double Action) Selbstladepistole. Der Hahn der Waffe ragt nur ein kleines Stück aus dem Verschluss heraus. Gerade so weit, dass er von Hand gespannt werden kann. So soll ein verhaken des Hahnes beim ziehen der Waffe, wie es bei anderen Pistolen mit außen liegendem Hahn wohl vorkam, verhindert werden.
Dennoch konnte der Schütze den Hahn sehen oder bei Dunkelheit fühlen (auch HSc - Prototypen mit innenliegendem Hahn soll es gegeben haben).
Die Form des Hahnes war so gewählt, dass der Verschluss im ge- und entspannten Zustand immer staubdicht verschlossen war (Bild 2 a,b,c).
Des weiteren wurde der Schlagbolzen durch betätigen der Sicherung blockiert und zusätzlich nach oben, außer Reichweite des Hahns, geführt. So umging man die von Walther patentierte Schlagbolzensicherung.
Viele weitere Sicherungseinrichtungen, die eine unbeabsichtigte Schussauslösung verhindern (lt. Hersteller sogar ausschließen) sollte, waren zusätzlich in die Waffe integriert.
Zum ersten konnte kein Schuss ausgelöst werden, wenn der Verschluss nicht 100%. verschlossen war.
Zum zweiten war bei herausgenommenen bzw. fehlerhaft eingeführtem Magazin der Abzug ohne Funktion.
Als drittes wurde der Schlagbolzen der entsicherten Waffe nicht vom Hahn aktiviert, wenn dieser ohne Abzugsbewegung auslöste. Dies wird durch eine zweite Rast am Hahn bewirkt, in welche die Abzugsklinke einspringt und den Stoß vor dem Auftreffen auf den Schlagbolzen abfängt. Beim manuellen spannen des Hahnes kann man das überasten der Sicherheitsrast gut spüren (Bild 2b).
Als letztes kann die Pistole nur im gesichertem Zustand zerlegt werden.
Der Griffwinkel der Waffe war für den Deutschuss optimiert worden und ließ so den schnellen, ungezielten Schuss aus der Bewegung zu. Zum Vergleich die Seitenansichten der Pistolen Walther PPk, Walther PP und ASTRA A 5000 Constabler (Bild 3).
Der Verschluss wurde, wie bei anderen erhältlichen Pistolenmodellen, nach dem letzten Schuss gefangen. ABER – der Verschluss schnellt schon nach Einführen des vollen (oder leerem) Magazins zurück und die Waffe ist somit sofort wieder feuerbereit. Somit verfügt die HSc über keinen außen liegenden Verschlussfanghebel und es lässt sich der gefangene Verschluss ohne Magazin nicht mehr schließen (Bild 4).
Das Zerlegen der Waffe erwies sich vorerst als ungewohnt. Hahn spannen und sichern der Waffe waren die ersten Schritte. Nun wird ein im Abzugsbügel befindlicher Laufhaltehebel eingedrückt und der Verschluss nach von abgehoben. Diese Technik erinnert stark an die wesentlich später entwickelten Pistolen mit Rollenverschluss . Ebenso wird der Lauf, mit Hilfe des Magazinbodens, aus seiner Verankerung gelöst (Bild 5).
Das Magazin fasst 8 Patronen und verfügt über seitliche Öffnungen, an denen man die Füllstand der Patronen überprüfen kann. Außerdem wurde der Magazinboden, zur besseren Griffgestaltung, verlängert. Das füllen des Magazins ab der 6. Patrone erweist sich als sehr schwer (Bild 6).
Neben dem Kaliber 7,65mm gab es auch HSc - Pistolen im Kaliber .22 lfb und 9mm kurz.
Die Qualität der verwendeten Werkstoffen und die Schusspräzision war tadellos und so wurde die Mauser HSc zu einer echten *It - Waffe, für den zivilen aber (oder vor allem) auch für den militärischen Markt.
* würde man heute wahrscheinlich sagen
Nach Produktionsbeginn 1940 wurde die HSc die am meisten ausgelieferte Pistole in den einzelnen Wehrmachtsverbänden und der Polizei (Wer keine bekam, kaufte sich privat eine).
Von 1940 bis April 1944 wurden rund 260000 Pistolen gefertigt. Das ist m.E. eine beachtliche Leistung. Zumal die Qualität in keinem Fall darunter gelitten haben soll. Voll des Lobes wurde sie als Ordonanzwaffe geführt (vielleicht auch an richtiger Stelle ein wenig gepuscht).
Voll des Lobes…. das wird mein Model nun zeigen müssen. Nach Ende der Produktion 1944 nahm Mauser die Produktion von 1968 – 1979 wieder auf. Aus dieser Zeit stammt auch mein Model.
Was war dran an der Deutschussqualität, an der schnellen Feuerbereitschaft und der modifizierten Schlagbolzensicherung? Die Qualität stelle ich mal in Frage. Es sind schließlich rund 25 Jahre zur erneuten Produktionsaufnahme vergangen. Oder fanden sich vielleicht noch so viele Einzelteile, dass der Bedarf für die neue Produktionsaufnahme gedeckt werden konnte?
Die zum Schusstestverwendete Munition:
Fabrikgeladene 7,65mm Browning Munition, Geco Vollmantel Rundkopf, 73grn.
Das Schussprogramm für die Pistole sah so wie folgt aus:
Entfernung 1 Meter:
5 Schuss durch`s Geschwindigkeitsmessgerät zur Ermittlung der Durchschnitts Vo + Eo.
Vo 294 m/s Eo 204 Joule
Entfernung 15mtr.
5 Schuss zur Feststellung der Treffpunktlage
- 6 Tief (Spiegel aufsitzen lassen)
Entfernung 15mtr.
Stehend, Freihand
- 15 Schuss nach Treffpunktlage.
Entfernung 15mtr.
Zeitbegrenzung
- 2 x 5 Schuss in 10 Sekunden auf die Duellscheibe.
Auswertung Pistole Model HSc:
+ Gewicht und Rückschlagenergie sind ausgewogen
- schwergängiger Spann- und SA Abzug
+ gutes, kontrastreiches Visier
+ gute Handlage für mittelgroße Hände
- Laden des Magazins bei ganzer Kapazität ab Patrone 6 zu schwergängig
+ Keine Probleme mit der verwendeten Munition
Gesamtpunktzahl von 6:
Mauser Model HSc = 4
Persönliches Fazit:
Sehr gewöhnungsbedürftig ist das sofortige zuschnellen des Verschlusses bei Magazineinführung. Da sich der, nach dem letzten Schuss offenstehende Verschluss, nur durch Einführung des Magazins schließen läst. Das birgt gewisse Risiken. Sollte man nicht prüfen, ob sich noch eine Patrone im Magazin befindet…
Auch muss man das Magazin mit letzter Konsequenz in die Waffe einführen. Ein zu langsames Einführen bewirkt, dass der Verschluss schon kurz vor dem Einrasten des Magazins in die Magazinhalterung vorschnellt und so KEINE Patrone in das Patronenlager geführt wird. Das kann im Notfall zu einem echten Problem führen…
Die Präzision der Pistole ist so gut wie sie beschrieben wurde. Der zwar schwer, aber trocken auslösende Abzug, hindert etwas den schnellen Schuss (Bild 7).
Die Lage des speziell entwickelten Hahnes lässt es in der Hand beim Schuss ein wenig zwicken.
Im Schuss aber sehr ruhig liegend mit ausreichender Visierung für das Präzisions- und schießen unter Zeitbegrenzung, zeigt die HSc tatsächlich bessere Qualitäten in der Handlage. Dennoch fehlt die Möglichkeit die Waffe mit der Führungshand über den Abzugsbügel in die Schusshand zu drücken.
Qualitativ ist die Pistole sehr gut verarbeitet und fühlt sich hochwertig an. Hier beweist Mauser „fortgeschriebenes“ Leistungsniveau.
Unter dem Strich erfüllt die HSc all die Tribute, die sie aus dunkler Vorzeit in die neue Produktionszeit mitbrachte. Eine Pistole, die sich angenehm schießen lässt und in der 7,65mm Browningliga immer noch ganz oben mitspielt (Bild 8).
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