Die amerikanische Armee war zu Beginn des 20. Jahrhunderts die erste, die bei der Einführung der Springfield 1903 daran dachten, auch eine gewisse Anzahl der Gewehre zu Scharfschützenwaffen mit Zielfernrohr umzubauen. Verwendet wurde dafür im ersten Anlauf das Zielfernrohr Warner & Swasey Modell 1908 (http://waffen-welt.de/showthread.php?t=1270), von dem 1913 eine verbesserte Version eingeführt wurde. Die Entfernungs- und Seitenverstellung wurde bei diesem Zielfernrohr noch an der Montage vorgenommen, obwohl bereits Zielfernrohre auf dem Markt waren, bei denen die Einstellung am Zielfernrohr selbst vorgenommen werden konnte. Dies kritisierend begann die Marine 1914 mit einer Eigenentwicklung und blieb dann trotzdem beim Zielfernrohr Winchester A5 hängen, bei dem die Verstellung ebenfalls über die Montage erfolgt. Der Grund für dieses etwas merkwürdig anmutende Resultat war der Umstand, daß das Zielfernrohr auf Jagdwaffen ein Bestseller war und man sich eine Verkürzung der Ausbildungszeiten erhoffte, wenn man ein Zielfernrohr verwendet, das schon aus ziviler Nutzung weit verbreitet ist.
Als sich die Briten während des Ersten Weltkrieges ebenfalls mit der Frage der Entwicklung einer Scharfschützenversion des Enfield No. 1 Mk. III befassten, blieben sie 1915 zunächst ebenfalls an diesem Zielfernrohr kleben, aber aus einem anderen Grund: Als Bestseller in den USA war das Zielfernrohr schnell und in großen Mengen verfügbar. Während die Amerikaner das Zielfernrohr mittig auf dem System der Springfield 1903 montierten, versetzten es die Briten beim Enfield nach links, um das Magazin weiter mit einem Ladestreifen auffüllen zu können. Dabei entdeckten sie die Schwachstelle der Kombination: Für die Enge der Schützengräben war das Zielfernrohr an sich bereits zu lang. Versetzt war die Konstruktion dann noch instabiler, so daß schnell Abhilfe gesucht wurde. Über verschiedene Zwischenstufen (u.a. http://waffen-welt.de/showthread.php?t=1227) entdeckten die Briten dann die Qualitäten des Enfield P.14 als Scharfschützengewehr (http://waffen-welt.de/showthread.php?t=3561).
Eine dieser Versuch- und Irrtumzwischenstufen war 1917 ein P.14 mit mittig montiertem Zielfernrohr Winchester A5. Daß man das Zielfernrohr auch mittig montieren kann, entdeckten die Briten beim Auftauchen der ersten amerikanischen Marineinfanteristen auf den europäischen Kriegsschauplätzen. Der Versuch die übrig gebliebenen Zielfernrohre des Typs Winchester A5 mit dem P.14 zu verbauen scheiterte jedoch. Die Briten hatten sich bereits an die verstellbaren Zielfernrohre gewöhnt und waren für eine solch antiquierte Variante deshalb nicht mehr zu begeistern.
Obwohl die Kombination Springfield 1903-Zielfernrohr Winchester A5 in der amerikanischen Marine durchaus verbreitet war, scheiterte auch in den USA der Versuch, das Zielfernrohr auf der amerikanischen Variante des P.14 zu montieren. Der Grund hierfür ist jedoch ein anderer: Während der P.14 in Großbritannien nur ein Schattendasein führte (die Briten setzten auf ihren No. 1 Mk. III), mauserte sich der dort Modell 1917 genannte amerikanische Nachfolger schnell zur Hauptwaffe der US-Streitkräfte während des Ersten Weltkrieges. Das Gewehr war deutlich schneller zu produzieren und mindestens ebenso gut wie die Springfield 1903. Deshalb sah es nach dem Krieg kurzzeitig so aus als könnte es die Springfield 1903 ablösen. Daher begannen die Amerikaner nun auch mit der Entwicklung von Scharfschützenversionen, wobei sie sich zunächst an der Springfield 1903 orientierten und auch eine Version des M1917 mit dem Winchester-Zielfernrohr entwickelten. Das Projekt scheiterte dann aber daran, daß die Regierung aus politischen Erwägungen heraus am Springfield-Gewehr festhielt. Das Gewehr wurde in staatlichen Fabriken gefertigt, in denen kein Streikrecht herrschte. Und so konnte man die Produktion immer sicherstellen.
Interessanterweise luden offenbar beide Länder die Resultate ihrer Bemühungen in Australien ab. Beide hier abgebildeten Waffen hängen in australischen Museen. Die Scharfschützenversion des P.17 (kleineres Foto) gelangte sogar erst 1940 in die Bestände der Royal Australian Air Force.
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